Vermutlich wäre “Hereditary” auch an mir einfach vorübergegangen, wenn ich nicht über so viele lobreiche Kritiken gestolpert wäre. Aber ist das Spielfilmdebüt von Regisseur Ari Aster wirklich ein neues Horrormeisterwerk, das sich in eine Reihe mit Psychothrillern wie “Shining” oder “Rosemaries Baby” stellen darf? Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber der Film ist sicher einer der besten Horrorfilme der letzten Jahre. Das liegt nicht nur an der traumatischen Geschichte, die sich auch ohne die Gruselmomente schon nachhaltig im Gehirn festsetzt, sondern auch an Asters grandioser Optik und seltsamer Bildsprache und nicht zuletzt an den Schauspielern, bei denen vor allem Toni Colette eine Leistung vollbringt, die sie voll auf Oscar-Kurs katapultieren dürfte. “Hereditary” ist ein bitterer Film über den Tod und dessen Verarbeitung, der auch ohne den mystischen Teil schon sein Grauen voll entfaltet hätte, durch den übernatürlichen Anteil in der zweiten Hälfte aber noch eine ganze Schippe drauflegen kann. Weiterlesen
Schlagwort: Psychothriller
“Knock Knock” – Psychob*tches terrorisieren Keanu Reeves
Eli Roths “Knock Knock” ist ein gerade für diesen Regisseur erstaunlich blutarmes Psychospiel zweier aufreizender Mädchen mit einem hilflosen Keanu Reeves. Wer dabei viel Sex oder Gewalt erwartet, wird enttäuscht werden, wer einen klugen, raffinierten Plot voller Twists erwartet, ebenso, und wer eine psychologisch tiefgehende Charakterstudie erwartet, hat einerseits den Trailer nicht gesehen und sitzt andererseits klar im falschen Film. Dennoch kann “Knock Knock”, gerade weil der Horror auf der Psychoebene bleibt und nicht als Folterorgie abgefeiert wird, ganz passabel unterhalten. Weiterlesen
“Enemy” – Lynchiger Doppelkopf-Mindfuck
Lange gab es nicht mehr so einen kryptischen Film im Lynch/Cronenberg-Stil wie “Enemy”. Jake Gyllenhaal spielt seine Doppelrolle wieder einmal ausgezeichnet! Visuell und inhaltlich fesselnd erfordert der Mystery-Thriller vom “Prisoners“-Regisseur Denis Villeneuve die Betrachtung des Films auf einer Meta-Ebene, da zwischen die ansonsten halbwegs geradlinige Erzählung ein paar Psycho-Szenen mit Spinnen-Metaphorik eingestreut werden und die verschiedenen Figuren und Beziehungskonstellationen zum Teil miteinander verschwimmen. Aber das Beste: Der Film lädt zum Nachdenken und Nochmalsehen ein und im Gegensatz zu den Lynch-Filmen gibt es auch einige Anhaltspunkte, wie der Film nun zu verstehen ist. Weiterlesen
“Stoker” – Meisterhaft inszeniert, inhaltlich ein Fragezeichen
In dem ersten amerikanischen Film von Kult-Regisseur Park Chan-wook (“Oldboy”) geht es weder um den “Dracula”-Erfinder Bram Stoker noch um Vampire, wie der Name oder das Cover vielleicht vermuten lassen könnte: Die Geschichte dreht sich um die in sich gekehrte India Stoker, die auf der Schwelle zwischen Kind und Frau steht, und ihren plötzlich auftauchenden, unheimlichen Onkel Charlie. “Stoker” ist ein düsterer, unheilsschwerer Psychothriller, der sich durch virtuose Regie, Langsamkeit, unterschwellige Spannung und kontinuierliches Unwohlsein auszeichnet. Weiterlesen