“Wächter der Nacht” – Vermeintliches Epos


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Eine russische Fantasy-Trilogie, die in jenem Land deutlich mehr Geld eingebracht hat als die „Herr der Ringe“-Filme und auf absoluten Bestsellern basiert: Gute Voraussetzungen. Ich habe mich ziemlich gefreut, als ich den Trailer gesehen habe. Gerade die russische Art, die zumindest teilweise gegen Hollywoodmanier anzugehen versucht, habe ich positiv empfunden. Ein Hauch von Frische kam auf, innovative Bilder und Ideen à la „Matrix“ in einem obligatorischen Gut-Böse-Konflikt. Doch leider gibt es viele Wehrmutstropfen.

Inhalt

Inhaltlich dreht sich der Film um die so genannten „Anderen“, Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten, die sich zwischen zwei Mächten aufteilen: dem Licht und der Dunkelheit. Diese beiden konkurrierenden Parteien leben seit dem Mittwelalter in einem Waffenstillstand und die Seiten kontrollieren mit einer Art Verwaltungsbürokratie jeweils die Machenschaften der anderen Seite; so repräsentieren die „Wächter des Tages“ die Dunkelheit, während die „Wächter der Nacht“ für das Licht patrouillieren. So auch Anton, ein heruntergekommener Seher im heutigen Moskau, der durch unerlaubtes Töten eines Vampirs auf die schwarze Liste Zavulons, Oberhauptes der Dunkelheit, gelangt. Zu allem Überfluss taucht auch plötzlich sein verloren geglaubter Sohn auf, der sich als mächtiger Anderer und Auserwählter entpuppt und mit seinem Übertritt auf eine der Seiten der Legende nach das Gleichgewicht stören und die Welt in einen neuen apokalyptischen Krieg stürzen wird …

Review

Auf visueller Ebene ist ein echter Hingucker aus dem Projekt geworden: schnelle Schnitte, Zooms, Zeitraffer und dergleichen sind optische Delikatessen. Insbesondere eine Kamerafahrt von einer Schraube, die von einem Flugzeugflügel bis ins Glas einer Darstellerin fliegt, ist für die 4 Millionen Euro Budget und die fehlende Filmindustrie in Russland erstaunlich gut inszeniert und lässt das Werk ein wenig epischer werden. Gute Arbeit trotz geringer Mittel!

Problematisch ist allerdings nur, dass man das Gefühl nicht los wird, diese visuelle Bilderflut soll nur über die dramaturgischen Schwächen hinwegtäuschen, denn genau darin liegt das Hauptproblem des Films. Aus der schlichten Situation eines Gut-Böse-Konfliktes wird ein Universum mit vielen Personen, Objekten und Sphären geschaffen, die allerdings zu kurz, zu unpassend oder zu wenig erklärt eingesetzt werden. Zahlreiche Charaktere treten auf, sind aber für die Geschichte nicht wichtig. Durch viele Rückblenden, Visionen, Typen und Handlungsansätze wird der rote Faden zerstückelt und verhindert somit Spannung und Kontinuität. Zumindest ich wusste oft nicht, was denn jetzt eigentlich der Hauptplot ist; zu oft wurde dieser immer wieder aus den Augen verloren.

Auf Choreografie-Ebene und in Sachen Action hat der Film auch nicht viel zu bieten. Man ist sich nicht einmal sicher, welchem Obergenre der Film nun eigentlich zuzuordnen ist. Auch der Fantasyanteil mit Visuellen Effekten fällt doch kleiner aus, als man dachte; der Trailer suggeriert einem da Fülle.

Gesetzmäßigkeiten werden nur unzutreffend, wenn nicht sogar überhaupt nicht erklärt, was dem Zuschauer das Verstehen dieses Films nicht gerade leichter macht. Der Regisseur vertraut da ein wenig zu selbstbewusst darauf, dass das Publikum von den Bildern gefesselt genug ist und nicht zuviel hinterfragt. Wie funktioniert das Zwielicht nun, was machen seine Taschenlampen-Glühbirnen eigentlich und warum lässt das Oberhaupt der „Bösen“ das Auto der guten ängstlich dreinschauend ohne Sinn überschlagen? Paradebeispiel ist die Partnerin von Anton, die sich publikumswirksam von einer Eule in einen Menschen verwandeln darf, aber dann absolut keine weitere Funktion im Film hat.

Episch ist zwar die Situation der Apokalypse und Übermenschlichkeit, aber ansonsten ist von einem Epos in diesem Film nicht viel zu merken, die Visuellen Effekte sind zwar meist erstaunlich gut, aber dann doch recht selten. Und in Zeiten vom „Herrn der Ringe“ kann sich die Anfangssequenz der zwei kämpfenden Großmächte leider nicht mehr episch nennen.

Dennoch ist der Film keinesfalls schlecht, nur leider nicht die große neue Fantasy-Trilogie, die dadurch hätte entstehen können und auf die ich gehofft habe. Viele gute Gedanken sind in diesem Film: Vampire über Spiegel sehen und graue Charaktere (Antons Nachbar dient der anderen Seite, ist aber sein bester Freund). Gut und Böse sind nicht so klar definiert, wie man auf den ersten Blick denken würde. Sehr schön und innovativ ist auch die (wenngleich unverständliche) Geschichte über die Jungfrau von Byzanz in einem Daumenkino dargestellt. Eine Welt voller Potential!

Auf darstellerischer Ebene spielen alle recht solide, mit dem Hauptdarsteller Konstantin Chabenski (Anton) kann man sich noch am ehesten identifizieren, und er spielt meines Erachtens auch am besten. Recht blass sind dagegen die beiden Oberhäupter der Mächte dargestellt worden. Problem aller anderen Personen ist, dass sie alle kaum einbezogen worden sind und somit nur am Rande vorkommen. So zum Beispiel Bär und Tiger.

Insgesamt erinnert der Film ein wenig an „Constantine“. Da gab es neben einer sehr ähnlichen Ausgangsgeschichte auch das Problem, dass gute Ideen und tolle Bilder gegen eine schwache Dramaturgie ankämpfen mussten. Insofern danken wir dem Regisseur, dass er für die internationale Version einige Charaktere wieder herausgenommen hat und zumindest ein kleines bisschen mehr erklärt hat.

Auf jeden Fall konnte mich der Film animieren, das Buch zu kaufen, denn diese Welt ist schon faszinierend. Interessant ist auch, dass es zwar vier Bücher gibt, aber lediglich ein Drittel des ersten Buches mit „Wächter der Nacht“ verfilmt worden ist. Und auch hier gibt es große Änderungen zum Buch. Nun ja, jetzt ist der zweite Teil der Reihe auch (bei uns endlich) in den Kinos und wir warten gespannt auf die „Wächter des Zwielichts“.

Fazit

Sollte man ruhig mal sehen, denn auf visueller Ebene kann der Film überzeugen, aber die Handlung und Personen wurden dann leider durch schlechte Erzählweise nicht besonders gut in Szene gesetzt. Schade, ich habe wirklich auf großes Kino gehofft.

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3 Kommentare

  1. Ich kann Dir da weitestgehend zustimmen (hab den zweiten Teil noch nicht gesehen). Für einen Nicht-Hollywood-Film und das Budget wirklich gut. Nur die Story scheint irgendwie gehetzt oder nicht ganz ausgefeilt. Aber Teil zwei und drei werde ich trotzdem schauen. Jetzt erst noch einmal den ersten zum Auffrischen ;-)

  2. Ich hab mir den Film eigentlich ohne irgenwelche Art von Erwartungshaltung angesehn und ich fand ihn ziemlich gut. Es wird zwar einiges nicht erklärt, aber man kann sich das dann auch einigermaßen zurechtreimen, auch wenn diese Überlegungen dann nicht ganz der Vorlage entsprechen. Aber das muss man bei Vefilmungen ja sowieso immer in Kauf nehmen. Die Filmemacher reimen sich eben auch viel selbst zusammen und finden auch einiges an der Vorlage nicht wert verabreitet zu werden. Schlimmer sind da meiner Meinung eben jene, die wirklich alles haarklein in irgendwelchen langatmigen, langweiligen Szenenfolgen erklären und breitreden müssen und damit dann die Hälfte des Films verbringen und die eigentliche Story zur Nebensache wird.
    Auf jeden Fall ist diese etwas andere Art von Film mal eine gelungene Abwechslung vom typischen Hollywood Blockbuster.

  3. Die Idee der Geschichte ist faszinierend.

    Ich habe den Film, den ersten Teil, auch eben im TiWi geschaut. Es waren sehr gute Szenen dabei. Insofern kann ich mich den Ausführungen der anderen Autoren hier anschließen.

    Blöd ist wieder einmal, dass man bei RTL immer den Eindruck hat, dass der Schluss nicht vollständig gezeigt worden ist.

    Schade finde ich, dass ich das Buch nicht vor dem Film gelesen habe, weil der Stoff wirklich interessant ist. Das Problem ist dann ja immer, dass die Fantasie eingegrenzt ist (wie beim Herrn der Ringe in der unvollendeten Fassung aus den Sechzigern/Siebzigern).

    Aber einen Versuch ist es trotzdem allemal wert.

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