“Der Hobbit: Eine unerwartete Reise” – Zurück in Mittelerde

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Seit vielen Jahren wartet man auf diesen Film, der so viele Hochs und vor allem Tiefs in der Produktion durchlebt hat. Nun ist zumindest das erste Drittel von ihm im Kino. Das Ergebnis ist ernüchternd, aber keine Katastrophe. Peter Jackson schafft ein paar Highlights, aber leider auch jede Menge Patzer. Insgesamt fühlt sich Mittelerde teilweise sehr fremd an, insgesamt aber um einiges kinderfreundlicher. Letztlich ist “Eine unerwarte Reise” aber leider nur ein unausgegorener, schwächerer Aufguss von “Die Gefährten” mit einem Mangel an Tiefe, Authentizität und einigen Pacing-Problemen; dafür aber einem Zuviel an CGI.

Inhalt

60 Jahre vor Frodos Abenteuern in Mittelerde überredet der Zauberer Gandalf (Ian McKellen) den Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman), mit ihm und 13 Zwergen, angeführt von Thorin Eichenschild (Richard Armitage), in ein Abenteuer aufzubrechen. Die Zwerge wurden vom Drachen Smaug aus ihrer Heimat vertrieben und planen nun, ihren Einsamen Berg zurückzuerobern. Doch nicht nur diese Gruppe durchlebt einige Gefahren und entkommt Trollen, Goblins, Steinriesen, Wargreitern und Gollum (Andy Serkis), sondern auch die weisesten Wesen Mittelerdes, die Zauberer Gandalf, Saruman (Christopher Lee) und Radagast (Sylvester McCoy) sowie die Elben Galadriel (Cate Blanchett) und Elrond (Hugo Weaving), erkennen, dass eine dunkle Macht die verlassene Festung Dol Guldur eingenommen hat und den aktuellen Frieden bedroht …

Rezension

Zur besseren Lesbarkeit habe ich ein paar kursive Überschriften eingefügt, um sich besser im Text orientieren zu können. Gesehen habe ich den Film in deutscher Synchronisation, 3D und 48 fps sowie im Originalton, 2D und 24 fps. Und hin und wieder gibt es SPOILER!

Die Darsteller machen ihre Sache gut

Martin Freeman ist als Bilbo großartig! Nicht nur, dass er wie ein Hobbit aussieht und sogar als junger Ian Holm durchgeht, sondern er schauspielert wirklich gut. Einige böse Zungen behaupten, er habe seinem Charakter schon mehr Tiefe verleihen können als Elijah Wood oder Daniel Radcliffe in all ihren Filmen zusammen. Wohl die beste Wahl für Bilbo, die man sich nur vorstellen könnte.

Ansonsten gibt Ian McKellen erneut einen hervorragenden Gandalf, der noch ein wenig lustiger und unbeschwerter gestimmt ist und ein paar mehr Tricks kann als im „Herr der Ringe“ (HdR). Auch die aus HdR bekannten Schauspieler Cate Blanchett, Christopher Lee und Hugo Weaving und vor allem Andy Serkis als Gollum sind gut und lassen Mittelerde-Feeling aufkommen. Der Zwergentrupp bleibt hingegen relativ blass (einige sagen kein einziges Wort), Richard Armitages Helden-Thorin ist ganz passabel.

Warum kann der Film trotz guter Darsteller also nicht überzeugen? Waren einfach nur die Erwartungshaltungen unrealistisch?

Illusorische Erwartungshaltungen

Armer Peter Jackson. Er wollte den Film nie machen, da er von den Adaptionsschwierigkeiten des Buches (Kinderbuch, episodisch, nur Männer, nur Zwerge, keine Lovestory) und vor den unerfüllbaren Erwartungshaltungen ihm gegenüber wusste. Und dann musste er es notgedrungen doch tun, als Guillermo Del Toro den Regieposten unerwartet aufgab. Das Problem der immensen Erwartungshaltung liegt allerdings noch ein wenig differenzierter: Diesmal gingen die Wünsche sehr weit auseinander. Wollten die einen eine detailgenaue Buchumsetzung, also einen märchenhaften, seichten Kinderfilm mit vielen sprechenden Wesen, wünschten sich andere eine Interpretation des Stoffes in „Herr der Ringe“-Richtung, also ein realistischeres, komplexes, unheilschweres Epos.

Kinderbuch oder düsteres Epos?

Mein Statement: Ich gehöre zur Variante zwei (obwohl auch ich den „Hobbit“ vorm „Herr der Ringe“ gelesen habe und auch vor dessen Verfilmungen). Gerne sollte Mittelerde noch ein wenig unschuldiger sein, aber nicht zu einem Kindermärchen à la „Narnia“ werden. Da das Buch aber nunmal eher ein Kinderbuch ist, kann ich Peter Jackson zwar gar nicht richtig vorwerfen, nun so viele Kinderbuchmomente integriert zu haben, wohl aber, sich nicht entscheiden zu können.

Eines der Hauptprobleme des Films ist nämlich, dass er einen Riesenspagat versucht, indem er beide Ansätze im Film kombiniert, was aber kein stimmiges Ganzes ergibt. Die albernen, fabelhaften Elemente (Radagast, Trolle, Goblinkönig) wirken dadurch genauso deplatziert wie die pathetischen, epischen (Smaugs Zerstörung von Thal, Azog). Am deutlichsten wird diese Spannweite, wenn man den Goblinkönig mit dem weißen Ork Azog vergleicht: Der eine ist auf der einen Skalaseite viel zu lächerlich, albern und unbedrohlich dargestellt, der andere viel zu aufgeblasen und dramatisch.

Zu viele Referenzen auf den HdR

Trotz der kinderfreundlicheren Herangehensweise bemüht sich Peter Jackson sehr um Kontinuität (sogar so weit, dass die Trolle in exakt der gleichen Position versteinern, wie sie im HdR zu sehen sind). Selbst das Teaserposter (ein finales ist merkwürdiger Weise nie erschienen) gleicht denen der Trilogie (siehe hier).

Doch ihm misslingt dabei, dass er zu viel einfach aus dem HdR wiederholt. Natürlich ähnelt auch das Buch gerade den „Gefährten“ (Auenland, erste Reiseabenteuer, Bruchtal, Felslawinen im Gebirge, Orkstollen, Kampf mit dem Oberork), aber Jackson inszeniert vieles auch noch auf die gleiche Weise mit teilweise identischen Kameraeinstellungen. Ich fand es hingegen sehr schön, dass man einen anderen Blick auf Bruchtal hatte.

Aber zu oft hatte man das Gefühl, das Gleiche schon im HdR gesehen zu haben. Nur dort besser. Einerseits durch die identische Musik, aber auch durch unnötige Wiederholungen (Gandalf macht seinen „Es wird dunkel“-Trick in Beutelsend und stößt sich den Kopf, Wargangriff auf Rohan-ähnlichem Terrain, nach Bruchtal Wandermontage mit lautem „Gemeinschaft“-Musikthema etc.). Dass man einen direkten Vergleich zum überragenden „Gefährten“ hat, macht es nicht gerade besser. So wirkt das Ganze wie ein „Gefährten 2.0“, bzw. eher wie ein maues „Gefährten 0.3“.

Aus Kinderbuch wird 9-Stunden-Dreiteiler: Zu lang oder zu kurz?

Sicherlich muss man in diesem Zusammenhang über die recht kurzfristige Entscheidung (Ende Juli 2012!) reflektieren, aus dem geplanten Zweiteiler eine neue Trilogie zu machen.

Einen Zweiteiler fand ich eigentlich für den Stoff immer selbstverständlich, einem Dreiteiler stand ich schon skeptischer gegenüber. Nach Sichtung des ersten Films muss ich allerdings sagen, dass man aus dem Stoff des ersten Films (ob es für die zwei weiteren genug ist, kann ich nicht sagen) problemlos einen guten, nicht zu langen Film hätte machen können. Aber leider nicht so, wie es hier geschehen ist!

Viele schreiben, der Film wirke jetzt schon wie die Extended Edition. Das stimmt teilweise zweifellos: Wie man rechtfertigen kann, ein Zwergen-Abwasch-Lied sowie ein Goblin-Lied zusätzlich zum Misty-Mountains-Gesang in die Kinofassung zu integrieren, weiß ich beileibe nicht. Gerade der Anfang lahmt und der Teil in Beutelsend ist viel zu lang. Auch der Prolog mit dem alten Bilbo und Frodo war nicht nur eher unnötig, sondern mit Sicherheit zu lang oder eher etwas für die SEE. Auch hätte man die völlig storyunmotivierte (und generell lächerliche) Radagast-Kaninchenschlitten-Warge-Verfolgungsjagd streichen sollen.

Kurioser Weise wirkt der Film streckenweise zwar viel zu langatmig, an vielen weiteren Stellen allerdings zu kurz bzw. oberflächlich. So hatte ich erwartet, dass die einzelnen Zwerge charakterlich ausgeschlachtet werden, um den Film in die Länge zu ziehen; dies war gar nicht der Fall! Außer Thorin und Balin bekommen höchstens Kili, Fili, Bofur und Dwalin ein-zwei Sätze. Da hatten selbst Merry und Pippin in „Gefährten“ schon mehr Identität. Ich hätte mir zumindest bei drei-vier Zwergen ein wenig mehr Charakterausbau gewünscht.

Diese unausgegorene Mischung aus zu lang und zu kurz zeigt ganz eindeutig Pacing-Probleme des Films auf. Der Film hat klare Probleme im Filmfluss: Wichtige bzw. ausbaufähige Stellen werden zu schnell abgehandelt, während andere unnötig in die Länge gezogen werden.

Wer ist eigentlich die Hauptperson?

Besonders ärgerlich aufgrund der tollen Leistung von Freeman: Selbst Bilbo kam zu kurz. Es ist schon gerechtfertigt, dass Ian McKellen im Abspann an erster Stelle steht; er wirkte in der Tat insbesondere in der ersten Filmhälfte wie die Hauptperson. Darum finden vermutlich auch alle die „Rätsel in der Finsternis“-Szene mit Gollum so gut (ist sie auch), denn dort stand endlich mal Bilbo im Fokus. Warum wurden z. B. alle Szenen mit ihm in Bruchtal (siehe hier oder hier) geschnitten? Und das, obwohl er da seinen Lebensabend verbringt, weil ihn Bruchtal so begeistert hat. So sehr ich Ian McKellens Gandalf mag, hätte Bilbo mehr im Mittelpunkt stehen müssen.

Dramaturgische Schwächen: WTF ist Azog?

Um den Film weniger episodisch wirken zu lassen, als er ist, hat man sich dafür entschieden, sich mal wieder einen Oberork auszudenken (wie schon in „Gefährten“ und „Rückkehr des Königs“). Leider funktioniert dieser Azog kein Stück. Abgesehen von dessen künstlichem CGI-Design (einem entfärbten Na‘vi nicht unähnlich) wird er dramatisch aufgeblasen, wirkt aber nur wie ein oberflächlicher Computerspiel-Bösewicht und in keiner Form bedrohlich.

Auch er scheint der späten Dreiteilung verschuldet zu sein: Ursprünglich hieß es, sein Sohn Bolg werde in Film 1 die „Böser Ork“-Rolle spielen (siehe dieses „Hobbit“-Poster); anscheinend hat man sich kurzfristig genötigt gefühlt, einen neuen Ork für Film 1 auszudenken und ihn gleich zum großen Gegenspieler Thorins gemacht. Hat nicht geklappt.

Was ist aus dem parallelen Handlungsstrang um Dol Guldur geworden?

Am meisten gespannt war ich auf den parallelen Handlungsstrang, der im Buch nicht vorkommt, aber in den weiteren Werken Tolkiens: der Weiße Rat und der Nekromant in Dol Guldur. Zum einen, da man dies tatsächlich noch nicht kennt, zum anderen, da dieser der einfachen Geschichte ein wenig Komplexität und Bedrohlichkeit verleiht. Umso überraschter war ich, dass einige Szenen dieses Strangs aus dem Film genommen wurden (Gandalf in den Nazgul-Gräbern, Gandalf in Dol Guldur).

Der Auftritt von Radagast in Dol Guldur war dann mehr als enttäuschend; unfassbar kurz und wenig bedrohlich inszeniert. Da zischt mal schnell ein Hexenkönig-Geist aus einer Statue und ein animierter Nekromant, der aussieht wie ein Zombie aus „I am Legend“, steht im Türrahmen. Ernsthaft? Wie plump und welch verschenktes Potenzial!

Auch der Weiße Rat war gar keiner: Gandalf wird überrascht mit „Guck doch mal, wer alles hier ist!“. Saruman wirkt auch hier schon wie eine zwielichtige Gestalt, die auch nicht wirklich ernstgenommen wird. Was er eigentlich will, bleibt unklar, er brabbelt ein wenig vor sich hin, aber Gandalf und Galadriel hören ihm eh nicht zu, sondern führen lieber ein Zweiergespräch per Telepathie. Dann, ohne dass wirklich etwas Wichtiges besprochen wurde, was diese große Zusammenkunft erklärt hätte, ist das Ganze abrupt vorbei.

Dennoch muss ich anmerken, dass mir die Szenen zwischen Galadriel und Gandalf wahnsinnig gut gefallen haben; die Intimität zwischen den beiden, aber auch der Unterschied zwischen den Lorien- und Bruchtal-Elben, wurde sehr treffend und schön subtil eingefangen. Man fragt sich, wie Peter Jackson solche Momente schafft, so viele andere aber verpatzt.

Das Setdesign polarisiert diesmal

Als bereits vor über einem Jahr die Designs der 13 Zwerge veröffentlicht wurden, durchzog ein erschüttertes Raunen die Internet-Foren. Das sollten Zwerge sein? Bombur sieht aus wie Obelix, Fili wie Asterix, Kili („the hot dwarf“) wie ein Mensch und auch andere Zwerge haben kaum Bart oder Maske. Selbst Thorin wurde zu einem jungen, kämpferischen Aragorn-Helden-Typen umgemünzt.

Der Gedanke dahinter ist klar: Um mehr Identifikation zu ermöglichen, sollen die Zwerge zum einen generell menschlicher aussehen, zum anderen sich voneinander stark unterscheiden. Wer will schon einen Film mit Bilbo, Gandalf und 13 Gimlis sehen? Meiner Meinung nach ist der Grundgedanke auch sehr gut und diese Unterschiedlichkeit funktioniert bestens, aber Peter Jackson übertreibt teilweise einfach. Mit einem Schönlingszwerg kann ich mich einfach nicht anfreunden, auch muss kein Zwerg ein Axtstück im Kopf mit sich tragen oder Radagasts halbes Gesicht mit Vogelkot bedeckt sein. Der Mangel an solchen Comic-Elementen hat die HdR-Filme ja gerade so herausgehoben.

Das Zwergenreich im Erebor war für meinen Geschmack auch ein wenig zuviel des Guten. Dass das animierte Thal sehr südeuropäisch, modern und farbenfroh und somit ganz anders als alles, was man aus HdR kennt, aussah, hat mich ebenfalls überrascht und es wirkt ein wenig wie ein Fremdkörper.

Dennoch darf man dem Designteam nicht absprechen, dass sie erneut mit großer Detailverliebtheit an ihre Arbeit gegangen sind. Nur im Gegensatz zu HdR, wo wirklich jedes Design ins Schwarze traf, habe ich hier gemischte Gefühle. Man stellt sich natürlich jetzt die Frage, wie viel Del Toro in den Designs steckt, aber nach einigen Quellen habe Peter Jackson ja fast alles nach dessen Absprung neu gestalten lassen.

CGI statt Miniaturen und Masken

Betrachtet man Jacksons visuelle Entwicklung von „Gefährten“ über „Rückkehr des Königs“ bis zu „King Kong“, erkennt man eine klare Tendenz, immer mehr im Bluescreen-Studio zu drehen, immer mehr zu animieren. Auch wenn viele Animationen sehr gut sind (Gollum ist nochmal um einiges besser als im HdR animiert, Azog sieht hingegen stark unecht aus), bekommt ein Film mit zu vielen CGI-Elementen einen zu künstlichen Gesamteindruck. Und das ist hier leider auch eingetroffen. Auch wenn man zwischendurch immer mal wieder schöne Landschaftsaufnahmen präsentiert bekommt.

Was den HdR u. a. so großartig gemacht hat, war die Arbeit mit Miniaturen. Im Hobbit kam keine einzige Miniatur zum Einsatz, da das 3D das verhindert hat. Doch auch viele Ork/Goblin-Gesichter waren nun animiert, was gerade, da man die guten Masken aus HdR kennt, fremd und unecht wirkte. Während Gandalf in „Gefährten“ auch noch eine echte Motto in der Hand halten durfte, sind hier ausnahmslos alle Tiere animiert, von Drosseln bis hin zu niedlichen Igeln (die mich an die unsäglich deplatzierten Präriehunde aus „Indiana Jones 4“ erinnert haben).

Auch verkommt die Action irgendwann zum Computerspiel, spätestens, wenn die Gemeinschaft aus den Goblinstollen flieht und auf einmal unverwundbar scheint („Indy 4“-Kühlschrank-Syndrom). Das war „King Kong“ pur. Auch die Steinriesen-Szene gehört in diese Kategorie.

Sehr gespannt war ich auch, wie sie die ganzen mittlerweile 10 Jahre älteren Schauspieler digital verjüngt haben. Sehr gut geklappt hat das mit Elrond, Galadriel und vor allem Saruman (hier der unretuschierte Christopher Lee, hier der verjüngte), aber so gar nicht geklappt hat es mit Ian Holm, der nun eher wie eine alte Frau aussieht (Unverjüngter Bilbo, verjüngter Bilbo, Vergleich zu HdR). Auch Frodo sieht man den Altersunterschied an, was den langen Prolog nochmal fragwürdiger macht. Ich bin gespannt auf Legolas in Film 2.

Was war los mit Howard Shore?

Trotz vieler Vorbehalte habe ich mir niemals Sorgen um die Musik gemacht, da Howard Shore beim HdR eine so durchdachte, großartige Arbeit geleistet hat. Hier gibt es zwar einige nette Stellen, wirklich einprägsam (an Neuem!) ist aber leider nur das „Misty Mountains“-Thema, das dann wiederum alle paar Sekunden und somit zu oft gespielt wurde.

An einigen Stellen hört man gelungene Bezüge zum HdR, z. B. wenn Bilbo Gollum verschont und thematische Anklänge an die Szene in „Gefährten“ ertönen, wo Gandalf Frodo davon erzählt. In erster Linie war es tatsächlich die Musik, die einen nostalgischen Mittelerde-Effekt erzielen konnte. Jedoch wurden an vielen Stellen HdR-Stücke verwendet (Auenland, Bruchtal etc.), keine Variationen davon. Und wenn Thorin gefühlt eine Minute lang Azog in Zeitlupe entgegenrennt und dabei das Nazgul-Thema aus HdR durch das Kino schmettert, frage ich mich, was zu so einem großen Fehlgriff geführt haben kann.

Wenn man nun liest, dass einiges aus dem Hobbit-Soundtrack angeblich nicht im Film ist (siehe hier), und teilweise Stücke aus dem HdR an diese Stellen geraten sind, scheint es fast so, als wäre dies auf Peter Jacksons Mist gewachsen. Mag auch das an der späten Streckung auf 3 Filme liegen? Gab es erneut Differenzen zwischen Shore und Jackson, wie schon bei „King Kong“?

Die Technik: 3D und HFR überzeugen nicht

Natürlich muss man beim „Hobbit“ auch über die Technik reden, ist der Film nicht nur in 3D, sondern auch als erster Film in High Frame Rate (HFR), also 48 statt der üblichen 24 Bilder pro Sekunde gedreht worden. Während die Testvorführungen mit HFR erstaunlich schlecht ankamen, sind nun in den meisten Kritiken positive Meinungen darüber zu hören.

Da viele günstig produzierte Fernsehserien ebenfalls in einer höheren Framerate gedreht werden, spricht man vom befürchteten „Soap-Effekt“, also dass der Film seinen Kino-Look verliert und eher billig produziert aussieht. Am Anfang empfand ich die HFR tatsächlich als kaum erträglich, aber man hat sich im Laufe des Films daran gewöhnt. Dennoch mochte ich diesen „Nicht-Kino-Look“ ehrlich gesagt nicht besonders. Mir hat die 2D-Variante besser gefallen.

Allerdings hat die HFR in Bezug auf 3D tatsächlich eine Daseinsberechtigung. Dieses wirkt tatsächlich deutlich flüssiger, klarer und lässt sich ohne Kopfschmerzen anschauen. Momentan experimentiert man mit variablen Framerates; ich bin gespannt, wohin das Ganze führt.

Das 3D an sich war übrigens sehr gut; schön dezent eingesetzt und ohne platte Pop-up-Effekte. Ein weiterer positiver Effekt durch 3D: Die vielen Studio- und CGI-Welten wirkten ein wenig realer als in 2D.

Deutsche Synchronisation

Natürlich ist der Originalton besser, aber auf welchen Film trifft das nicht zu? Für die leider verstorbene Synchronstimme von Gandalf hat man immerhin einen großartigen Ersatz gefunden, die der alten in nichts nachsteht! Alle Bekannten aus HdR haben ansonsten ihre alten Stimmen, wovon insbesondere Gollums Synchro wieder unglaublich gut und dem Original sehr nahe ist. Bilbos Stimme hingegen ist ein wenig zu hoch und weich geraten, aber wirklich stören tut dies nicht. Dass man Goblins mit Bilwisse übersetzt hat, ist dann allerdings eine andere Geschichte.

Ist der Film wirklich so schlecht? Jacksons „Episode 1“?

Ein „Star Wars“-Vergleich drängt sich auf, da auch hier eine neue Prequel-Trilogie nachgeschoben wurde. Radagast wird schon überall im Internet als neuer Jar Jar Binks bezeichnet, und leider trifft das auch ein wenig zu. Auch setzt Peter Jackson wie George Lucas viel mehr auf CGI und übertriebene Action.

Doch auch, wenn ähnliche Tendenzen zu erkennen sind und ich jetzt so viel kritisiert habe, ist der Film keinesfalls grottenschlecht. Es gibt durchaus gelungene Momente, allen voran wohl die Bilbo-Gollum-Szene, in der nahezu alles stimmt, oder die Galadriel-Gandalf-Interaktionen.

Auch werden sich Liebhaber des Buches freuen, wie 1:1 viele Elemente, sogar Dialoge, übernommen worden sind. Und für Tolkien-Kenner gibt es viele Anspielungen, so fallen z. B. Namen wie Ungolianth oder Gondolin, auch freut jeden Tolkien-Kenner der Witz, dass Gandalf die Namen der zwei blauen Istari vergessen hat.

Wäre der Film besser geworden, wenn …?

Wäre der Film besser geworden, wenn Del Toro Regie geführt hätte? Wenn man nur zwei Filme gemacht hätte? Wenn man von Anfang an drei Filme geplant hätte? Insbesondere Frage 3 kann man wohl eindeutig bejahen, denn viele Probleme des Films scheinen nicht daran zu liegen, dass der Stoff keinen vernünftigen, langen Film tragen könnte, sondern daran, dass der Stoff niemals dafür aufbereitet wurde und erst nachträglich das bereits gedrehte Material zu einem ersten Trilogieteil umfunktioniert wurde.

Fazit

Insgesamt lässt sich sagen, dass Peter Jackson es nicht schafft, einen runden Film abzuliefern. Zu viele Wiederholungen vom HdR, zu episodenhaft das Ganze, zu wenig Charaktermomente, dennoch zu viele Längen. Buchliebhaber werden sich aber freuen, dass der Zugang zu Mittelerde diesmal deutlich kindlicher verläuft. Der Besuch in Mittelerde lässt teilweise Nostalgie auflodern, wirkt aber an vielen Stellen unausgegoren, albern und zu märchenhaft. Aber auch, wenn der Film insgesamt weit hinter seinen Möglichkeiten bleibt, hat er auch seine Momente. Umso mehr ist es schade, dass nicht der gesamte Film so ist. „Die Gefährten“ zeigt, dass es möglich gewesen wäre. Mal sehen, was Peter Jackson aus „The Desolation of Smaug“ und „There and back again“ macht.

Filmdetails

Start (DE): 13.12.2012 / Länge: 166 min / FSK: 12 / Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey / Regie: Peter Jackson / Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, Guillermo del Toro / Darsteller: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Sylvester McCoy, Andy Serkis, Aidan Turner, Hugo Weaving, Cate Blanchett, Christopher Lee, Ian Holm, Elijah Wood

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16 Kommentare

  1. Da ich den Film wegen meiner (Schweine-)Augengrippe bisher nicht sehen konnte, kann ich auch kein Statement zum Film abgeben.

    Allerdings möchte ich die Rezension von Threepwood loben. Wie immer sehr ausführlich, mit vielen Details und dem erkennbaren Bestreben um Objektivität – trotz aller Vorbehalte auf den 3-Teiler, die ungewohnte Technik usw., die ich auch alle teile. Trotzdem freue ich
    mich immer noch darauf, ihn irgendwann zu sehen; denn Tolkien von Jackson muss man meines Erachtens gesehen haben.

  2. Tja, was kann man da noch schreiben, ich stimme voll und ganz mit Threepwood überein. Der Film kann nicht überzeugen, floppt aber auch nicht. Die Technik ist gewöhnungsbedürftig, aber dennoch sehenswert und die Umsetzung leider in vielen (hier bereits sehr ausführlich beschriebenen) Aspekten nicht unbedingt geglückt.

    Aktuell bin ich noch voller Hoffnung, dass Peter Jackson angesichts der doch recht einstimmigen Kritikpunkte mit einem Jahr Vorlaufzeit und dem Wissen, dass es drei Filme werden, nicht noch mal so viele “Flüchtigkeitsfehler” in die nächsten beiden Filme einbaut, sich für einen (hoffentlich nicht so kindlichen) Stil entscheidet und einen die Schwächen dieses Films wieder vergessen lässt. Mal schauen, was die Extended Edition noch so bringt.

    Hmm, jetzt mit ein paar Tagen Abstand würde ich den Film tatsächlich auch gerne ein zweites Mal sehen, ohne die große Erwartungshaltung und vielleicht in 2D und mit normaler Framerate. Mal schauen…

  3. Ahoi ^^ naja gut, ich muss dem auch irgendwo zustimmen. die Computereffekte waren viel zu viel. Das war für mich eigentlich immer das, was das tolle an der alten HdR Trilogie war. und ich mag immernoch lieber gute masken anstatt einen komplett animierten ork oO das aussehen der zwerge hat mich weniger gestört, weil ich dachte.. menschen sehen untereinander auch stark unterschiedlich aus.. warum nicht auch bei den zwergen? nur weil es nicht der standard-zwergen-look ist wie man ihn sonst so kennt ^^
    es gab sehr viele anspielungen auf die alten filme, was ich sehr schön fand. nur während ich bei der alten trilogie nach 5 minuten schon meine erste gänsehaut bekomme und das bis heute – kam das bei dem hobbit leider erst ziemlich spät.
    ich muss auch sagen, dass ich mit schlimmeren gerechnet habe und daher relativ positiv überrascht war ^^ ich hab ihn in 2D geguckt, weil 3D filme für mich bisher fast immer geldverschwendung waren.. aber ich werd ihn mir nochmal antun in 3D und HFR, weil das doch bildgewaltig ist und es sich da auch mal lohnen könnte ^^

  4. …Kritik über Kritik. Ein Vergleich zu der bisherigen Trilogie. Schwierig hier eine klarlinige Darstellung von Statements zu schaffen. Es ist bisher sicherlich kein Vergleich zu der bisher veröffentlichten HDR Saga. Wie soll es auch, die Hauptgeschichte ist erzählt, das zu einem Zeitpunkt in der die Technik, die angewendet wurde, atemberaubend war. Es mag sein, dass nicht so viel Gänsehautfeeling auftritt, wie es bei der Hauptszenerie war, dennoch ist meiner Meinung nach ein weiteres Fantasy-Epos entstanden. Ein Film der meine Lieblings-Fantasy Geschichte aufarbeitet, und das in einer meisterhaften Aufmachung. Charakterstärken, traumhaften Landschaften, Ziele sowie Hoffnungen werden dargelegt und verfolgt. Ich war auf jeden Fall begeistert von den modernen realitätstreuen Effekten und freue mich, wie der weitere Verlauf der nächsten Teile stattfindet. Daumen hoch auf eine Filmszenerie, die ihres Gleichen sucht…

  5. Der Film hat mir ganz gut gefallen. Wie die meisten hat er mich nicht umgehauen aber gut unterhalten.

    Von 3D wurde ich jedoch bitter enttäuscht. Ich kann sogar nur abraten. Leider wurden durch die Brillen die Tagesszenen beinahe so dunkel, dass sie auch nachts spielen könnten. Dazu kam die typische Unschärfe bei schnellen Szenen. Kenne mich leider nicht besonders mit den verschiedenen 3D-Techniken aus. Aber diejenige mit den “Regenbogenfarbigen-Brillen” werde ich definitiv meiden (solange ich kann).

  6. das kommt dabei raus wenn man ein 400-seiten buch (herr der ringe 1200!!!) auf biegen und brechen zu einem 3-stunden film strecken muss. es kommen sequenzen vor die so im buch nie geschrieben wurden.
    entäuschend, uncool, langweilig!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  7. Wenn ich mir die Kritik so durchlese fallen mir einige Sachen ein, die ich in meinem Review auch besser noch erwähnt hätte (z.B. die Sache mit dem “Endgegner” Ork – das hat mich schon gestört).

    Ansonsten habe ich den Film insgesamt aber etwas besser bewertet. Aber die Geschmäcker sind nunmal unterschiedlich.

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